Auf dem Gelände der Neuen Weststadt in Esslingen entsteht auf einer Fläche von 100.000 qm ein urbanes Vorzeigequartier mit 450 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen sowie einem Neubau der Hochschule Esslingen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Neue Weststadt – Klimaquartier” (Akronym: Es_West_P2G2P) soll dabei ein zukunftsfähiges Energiekonzept auf Quartiersebene umgesetzt werden. Mit Power-to-Gas (P2G) als Schlüsseltechnologie wird überschüssiger Ökostrom in „grünen“ Wasserstoff umgewandelt sowie für die Gasnetzeinspeisung, die Nutzung in der Mobilität und der Industrie aufbereitet. Auch das Projekt Es_West_P2G2P wird über die Förderinitiative „Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt“ im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung mit Zuwendungen in Höhe von rund 12 Mio. € gefördert. Der Startschuss für die zwölf Projektpartner*innen fiel im November 2017.
Klimaschutz in der „Neuen Weststadt“ und in Esslingen
Im schwäbischen Esslingen am Neckar wird das Gelände des alten Güterbahnhofs zum Experimentierfeld: Bis 2022 entsteht hier das neue urbane Quartier „Neue Weststadt“. Die Realisierung eines klimaneutralen Quartiers ist wichtiger Baustein zur Erreichung der kommunalen Klimaschutzziele. Bis 2020 sollen die CO2- Emissionen auf der Esslinger Stadtmarkung um ein Viertel reduziert werden. „Mit Hilfe des Förderprojekts kann nun ein ganzheitlicher und innovativer Energieeffizienz-Ansatz zur Reduzierung des Energieverbrauchs wie Wärme, Kälte oder Strom umgesetzt werden“, so Oberbürgermeister Dr. Jürgen Zieger. „Gewinner bei der Entwicklung eines klimaneutralen Stadtquartieres sind weit über die künftigen Bewohner der Neuen Weststadt hinaus alle Esslinger Einwohnerinnen und Einwohner“, so OB Zieger.
Strom wird in Wasserstoff zwischengespeichert
Kernstück des technologisch innovativen Stadtquartiers ist das energetische Versorgungskonzept, das eine Kopplung der Sektoren Strom, Wärme, Kälte und Mobilität vorsieht. Dafür soll in der Quartiersmitte eine zentrale Versorgungsinfrastruktur mit einer Energiezentrale errichtet werden. Das Herzstück dieser Zentrale ist ein Elektrolyseur, der überschüssigen erneuerbaren Strom (lokaler und überregionaler Erzeugung) in Wasserstoff (H2) umwandelt und die Energie auf diese Weise speicherfähig macht. Der erzeugte regenerative Wasserstoff wird dann im Bereich Mobilität und Industrie genutzt und kann zusätzlich in das bestehende Erdgasnetz eingespeist werden. Hierzu ist die Errichtung einer H2-Abfüllstation, einer H2-Tankstelle und einer Gasnetzeinspeise-Station im Quartier geplant. Wird später wieder Strom im Stadtquartier benötigt, lässt sich Wasserstoff in Blockheizkraftwerken wieder schnell und einfach rückverstromen. Dieser netzstabilisierende Betrieb von Elektrolyseuren gilt als wichtiger Baustein im Kontext der Transformation des bundesdeutschen Energiesystems hin zu einer hin zu einer rein erneuerbaren Energieversorgung.
Vernetzung von Strom, Wärme, Kälte und Mobilität
Das innovative Konzept wird erstmals als ganzheitliche Lösung im urbanen Kontext umgesetzt. Neben dem Ziel einer hohen erneuerbaren Eigenversorgung soll die Gesamteffizienz des Energiesystems gesteigert werden. Hierzu wird die beim Elektrolyseprozess anfallende Abwärme in ein Nahwärmenetz eingespeist. Diese Infrastruktur deckt den Bedarf für Heizung und Warmwasser der Gebäude und ermöglicht im Sommer über die Einbindung von Adsorptionskälteanlagen die Bereitstellung von Kühlenergie.
Die vorgesehene Integration von Batteriespeichern hilft, kurzzeitige Abweichungen zwischen erneuerbarer Erzeugung und Energiebedarf im Gebäude bzw. im Quartier auszugleichen. Darüber hinaus sollen die Batteriespeicher genutzt werden, um zu jeder Zeit die erforderlichen Ladeleistungen für die lokale Elektromobilität bereitstellen zu können. Es ist geplant, die einzelnen technischen Komponenten und Versorgungssysteme über ein sektorenübergreifendes digitales Informationsnetz („Smart Grid“) miteinander zu verbinden. Ein zentrales Energiemanagement-System übernimmt dabei die Steuerung der Energieflüsse. Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit spielen zudem beim Bau der Gebäudeblöcke eine große Rolle, was sich beispielsweise in der optimierten wärmeschutztechnischen Qualität der Gebäudehüllen zeigt.
Innovative Ideen gibt es auch beim Thema Mobilität: Hier ist geplant, Schnittstellen zwischen der stationären Energieinfrastruktur und der Mobilität im Quartier durch das Angebot von Ladestationen zu nutzen sowie die Lade- und Buchungstechnik der Fahrzeuge für einen netzdienlichen Betrieb zu verbinden. Auch eine Kooperation mit den städtischen Verkehrsbetrieben ist vorgesehen, bspw. um überschüssige Strommengen auszutauschen und um über eine mögliche bidirektionale Verwendung der Antriebsbatterien in den Bussen zur Stromnetzstabilisierung beizutragen.
Integration der Nutzer
Für die Einbindung der Nutzer*innen im Quartier sind diverse Maßnahmen geplant. So soll z.B. für die Bewohner*innen eine App als Nutzerinterface entwickelt werden, um zeitnahe zielgerichtete Informationen zum Energieverhalten oder Tarifen zu erhalten.
Die Akzeptanz und Beteiligung der verschiedenen Nutzergruppen ist ein wichtiger Baustein für Erfolg und Übertragbarkeit des Projektes. Um frühzeitig die Wünsche und die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger zu kennen und zu integrieren, wird der Transformationsprozess auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände von einem sozialwissenschaftlichen Monitoring begleitet. Über geeignete Medien sollen die Erwartungen und Motive der Bürgerinnen und Bürger erfasst und beim Bau des Quartiers berücksichtigt werden.
Wegweiser für künftige Projekte
Die Realisierung des Projekts geht mit technischen und gesellschaftlichen Innovationen einher. Gelingt die erfolgreiche Umsetzung aller Ideen, wird ein nahezu klimaneutrales und energiewendedienliches Stadtquartier entstehen, das lebenswert ist und so ein leuchtendes Vorbild für künftige Entwicklungsvorhaben und Bürgerbeteiligungsprozesse in anderen Kommunen sein kann.
Text: Tobias Nusser, SIZ-EGS
Kontakt
Dr. Katja Walther, Leitung Öffentlichkeitsarbeit Forschungsvorhaben „Neue Weststadt – Klimaquartier (ES_Wes t_P2G2P)“, Sachgebietsleitung „Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ Stadtentwicklung
Stadt Esslingen am Neckar
Ritterstraße 17
73728 Esslingen
E-Mail: katja.walther@esslingen.de
Auf dem Gelände der Neuen Weststadt in Esslingen entsteht auf einer Fläche von 100.000 qm ein urbanes Vorzeigequartier mit 450 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen sowie einem Neubau der Hochschule Esslingen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Neue Weststadt – Klimaquartier” (Akronym: Es_West_P2G2P) soll dabei ein zukunftsfähiges Energiekonzept auf Quartiersebene umgesetzt werden. Mit Power-to-Gas (P2G) als Schlüsseltechnologie wird überschüssiger Ökostrom in „grünen“ Wasserstoff umgewandelt sowie für die Gasnetzeinspeisung, die Nutzung in der Mobilität und der Industrie aufbereitet. Auch das Projekt Es_West_P2G2P wird über die Förderinitiative „Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt“ im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung mit Zuwendungen in Höhe von rund 12 Mio. € gefördert. Der Startschuss für die zwölf Projektpartner*innen fiel im November 2017.
Klimaschutz in der „Neuen Weststadt“ und in Esslingen
Im schwäbischen Esslingen am Neckar wird das Gelände des alten Güterbahnhofs zum Experimentierfeld: Bis 2022 entsteht hier das neue urbane Quartier „Neue Weststadt“. Die Realisierung eines klimaneutralen Quartiers ist wichtiger Baustein zur Erreichung der kommunalen Klimaschutzziele. Bis 2020 sollen die CO2- Emissionen auf der Esslinger Stadtmarkung um ein Viertel reduziert werden. „Mit Hilfe des Förderprojekts kann nun ein ganzheitlicher und innovativer Energieeffizienz-Ansatz zur Reduzierung des Energieverbrauchs wie Wärme, Kälte oder Strom umgesetzt werden“, so Oberbürgermeister Dr. Jürgen Zieger. „Gewinner bei der Entwicklung eines klimaneutralen Stadtquartieres sind weit über die künftigen Bewohner der Neuen Weststadt hinaus alle Esslinger Einwohnerinnen und Einwohner“, so OB Zieger.
Strom wird in Wasserstoff zwischengespeichert
Kernstück des technologisch innovativen Stadtquartiers ist das energetische Versorgungskonzept, das eine Kopplung der Sektoren Strom, Wärme, Kälte und Mobilität vorsieht. Dafür soll in der Quartiersmitte eine zentrale Versorgungsinfrastruktur mit einer Energiezentrale errichtet werden. Das Herzstück dieser Zentrale ist ein Elektrolyseur, der überschüssigen erneuerbaren Strom (lokaler und überregionaler Erzeugung) in Wasserstoff (H2) umwandelt und die Energie auf diese Weise speicherfähig macht. Der erzeugte regenerative Wasserstoff wird dann im Bereich Mobilität und Industrie genutzt und kann zusätzlich in das bestehende Erdgasnetz eingespeist werden. Hierzu ist die Errichtung einer H2-Abfüllstation, einer H2-Tankstelle und einer Gasnetzeinspeise-Station im Quartier geplant. Wird später wieder Strom im Stadtquartier benötigt, lässt sich Wasserstoff in Blockheizkraftwerken wieder schnell und einfach rückverstromen. Dieser netzstabilisierende Betrieb von Elektrolyseuren gilt als wichtiger Baustein im Kontext der Transformation des bundesdeutschen Energiesystems hin zu einer hin zu einer rein erneuerbaren Energieversorgung.
Vernetzung von Strom, Wärme, Kälte und Mobilität
Das innovative Konzept wird erstmals als ganzheitliche Lösung im urbanen Kontext umgesetzt. Neben dem Ziel einer hohen erneuerbaren Eigenversorgung soll die Gesamteffizienz des Energiesystems gesteigert werden. Hierzu wird die beim Elektrolyseprozess anfallende Abwärme in ein Nahwärmenetz eingespeist. Diese Infrastruktur deckt den Bedarf für Heizung und Warmwasser der Gebäude und ermöglicht im Sommer über die Einbindung von Adsorptionskälteanlagen die Bereitstellung von Kühlenergie.
Die vorgesehene Integration von Batteriespeichern hilft, kurzzeitige Abweichungen zwischen erneuerbarer Erzeugung und Energiebedarf im Gebäude bzw. im Quartier auszugleichen. Darüber hinaus sollen die Batteriespeicher genutzt werden, um zu jeder Zeit die erforderlichen Ladeleistungen für die lokale Elektromobilität bereitstellen zu können. Es ist geplant, die einzelnen technischen Komponenten und Versorgungssysteme über ein sektorenübergreifendes digitales Informationsnetz („Smart Grid“) miteinander zu verbinden. Ein zentrales Energiemanagement-System übernimmt dabei die Steuerung der Energieflüsse. Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit spielen zudem beim Bau der Gebäudeblöcke eine große Rolle, was sich beispielsweise in der optimierten wärmeschutztechnischen Qualität der Gebäudehüllen zeigt.
Innovative Ideen gibt es auch beim Thema Mobilität: Hier ist geplant, Schnittstellen zwischen der stationären Energieinfrastruktur und der Mobilität im Quartier durch das Angebot von Ladestationen zu nutzen sowie die Lade- und Buchungstechnik der Fahrzeuge für einen netzdienlichen Betrieb zu verbinden. Auch eine Kooperation mit den städtischen Verkehrsbetrieben ist vorgesehen, bspw. um überschüssige Strommengen auszutauschen und um über eine mögliche bidirektionale Verwendung der Antriebsbatterien in den Bussen zur Stromnetzstabilisierung beizutragen.
Integration der Nutzer
Für die Einbindung der Nutzer*innen im Quartier sind diverse Maßnahmen geplant. So soll z.B. für die Bewohner*innen eine App als Nutzerinterface entwickelt werden, um zeitnahe zielgerichtete Informationen zum Energieverhalten oder Tarifen zu erhalten.
Die Akzeptanz und Beteiligung der verschiedenen Nutzergruppen ist ein wichtiger Baustein für Erfolg und Übertragbarkeit des Projektes. Um frühzeitig die Wünsche und die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger zu kennen und zu integrieren, wird der Transformationsprozess auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände von einem sozialwissenschaftlichen Monitoring begleitet. Über geeignete Medien sollen die Erwartungen und Motive der Bürgerinnen und Bürger erfasst und beim Bau des Quartiers berücksichtigt werden.
Wegweiser für künftige Projekte
Die Realisierung des Projekts geht mit technischen und gesellschaftlichen Innovationen einher. Gelingt die erfolgreiche Umsetzung aller Ideen, wird ein nahezu klimaneutrales und energiewendedienliches Stadtquartier entstehen, das lebenswert ist und so ein leuchtendes Vorbild für künftige Entwicklungsvorhaben und Bürgerbeteiligungsprozesse in anderen Kommunen sein kann.
Text: Tobias Nusser, SIZ-EGS
Kontakt
Dr. Katja Walther, Leitung Öffentlichkeitsarbeit Forschungsvorhaben „Neue Weststadt – Klimaquartier (ES_Wes t_P2G2P)“, Sachgebietsleitung „Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ Stadtentwicklung
Stadt Esslingen am Neckar
Ritterstraße 17
73728 Esslingen
E-Mail: katja.walther@esslingen.de